Das Paar im Gespräch – Regeln für Zwiegespräche

die Regeln im Zwiegespräch (ob mit Partner/in oder Arbeitskollege/kollegin vorab hier ganz knapp:

  1. keine Fragen.
  2. keine Ratschläge.
  3. Jeder redet nur über sich.
  4. Wer redet, darf immer ausreden und wird nicht unterbrochen.
  5. Schweigen ist erlaubt. Es besteht kein Zwang zur Offenbarung!
  • Zwiegespräche sollten verbindlich verabredet werden.

Nur dann kann man Widerstand erkennen; ebenso wie man an der Grenze der verabredeten Zeit sehen kann, welche Themen, um die eigene Angst zu regulieren, erst kurz vor Schluss auf den Tisch kommen und erst in der nächsten Woche weiter verfolgt werden können.

  • Zwiegespräche brauchen wenigstens einmal in der Woche anderthalb Stunden ungestörte Zeit.

Die Regelmäßigkeit ist das Geheimnis ihres Erfolges. So geht der rote Faden (des gemeinsamen Unbewussten eines Paares) nicht verloren.

(9/10 unseres Wissens wissen wir nicht; ist implizit, unbewusst. Nur 1/10 unserer Eindrücke werden uns bewusst, sind explizites Wissen.)

  • Jeder spricht über das, was ihn bewegt: wie er sich, den anderen, die Beziehung und sein Leben erlebt.

Jeder bleibt bei sich. Das Gespräch hat kein anderes Thema, es ist offen.

  • Reden und Zuhören sollten möglichst gleich verteilt sein.

Schweigen und Schweigenlassen, wenn es sich ergibt.
Auch dabei können sich klärende Eindrücke entwickeln, meist schweigt das Gehirn ja nicht und im Schweigen hat man Zeit, sich etwas durch den Kopf gehen zu lassen.

Ausgeschlossen sind:

  • Bohrende Fragen,
  • drängen,
  • Kolonialisierungsversuche
    (d.h. sich den anderen einverleiben, z.B. mit „Wir“-Formulierungen oder durch Vorschriften machen; ihn also letztlich als Gegenüber, Andersartig und Eigenständig auslöschen).

Zwiegespräche sind kein Zwang zur Offenbarung. Jeder entscheidet für sich, was und wie viel er sagen mag. Beide lernen durch Erfahrung, dass größtmögliche Offenheit am weitesten führt.

Sich wechselseitig einfühlbar zu machen ist das erste Ziel der wesentlichen Gespräche.
Nur so kann einer das Andere im Anderen wirklich miterleben.
Wenn uns das gelingt, beginnen wir zu begreifen, was eine Beziehung sein kann.

Wenn beide für dieses Setting (engl. Rahmen) sorgen, sorgt es seinerseits für alles.
Vor allem garantiert es die unbewusste Selbstregulation der Entwicklung zu zweit.

Quelle: Michael Lucas Möller: Die Wahrheit beginnt zu zweit. Das Paar im Gespräch. Rowohlt, 1990,2002

Was man in Paarbeziehungen unbedingt lassen sollte

John Mordechai Gottman, US-amerikanischer, inzwischen im Ruhestand befindlicher (emeritierter) Professor für Psychologie an der University of Washington wurde vor allem durch seine Arbeit über Ehestabilität und Beziehungsanalyse durch direkte Beobachtung bekannt.
Ein wichtiges Ergebnis seiner jahrelangen Forschungen hat er als die vier apokalyptischen Reiter beschrieben. Der Paarforscher fand, dass diese Kommunikationssünden mit hoher Vorhersage-wahrscheinlichkeit eine Beziehung dauerhaft ruinieren und überzufällig häufig zur Trennung des Paares führen:

Die vier apokalyptischen Reiter der Paarbeziehung sind

  • Kritik; im Sinne von Schuldzuweisungen und Anklagen,
    insbesondere wenn sie in der sich gegenseitig hochspiralisierenden Auseinandersetzung ihren Höhepunkt in einer generellen Verurteilung des Partners finden und die Beziehung an sich in Frage stellen.
    Das entzieht dem Miteinander das Vertrauen in eine mögliche (gute) Zukunft.
  • Abwehr: im Sinne von Verteidigung mit Rechtfertigungen (bei Verleugnung der eigenen Anteile am Geschehen).
    Auf diese Weise wird ein Konflikt chronifiziert und am Leben gehalten, da eine Lösung, durch Ergründen und Verstehen von zugrundeliegenden oder beteiligten Bedürfnissen, Motiven, Erinnerungen oder enttäuschten Erwartungen, angestrebt wird.
    Es entsteht eine unendliche, wenig freud- oder gar lustvolle Geschichte. Das Miteinander wird aufgekündigt.
  • Verachtung des Partners und Geringschätzung.
    Diese Abwehr in Form eines Machtspiels hebt die Augenhöhe der Partner auf, entwertet und demütigt das Gegenüber.
    Das Vertrauen, sich geliebt oder anerkannt, gewertschätzt zu werden, bricht.
  • Mauern„, also Schließen der Schotten und Rückzug, Kommunikationsverweigerung.
    Auch hier wird ein konstruktives Miteinander verweigert und ein Ende der Beziehung gelebt. In dieser Form wird das „große“, endgültige Ende der Beziehung „im Kleinen“ geübt und vorweggenommen.
  • Demonstration der eigenen Macht hat Bas Kast, ein deutsch-niederländischer Wissenschaftsautor, später als einen „fünften Reiter“ hinzugefügt, da diese „Spielvariante“ vermutlich auf allen Stufen des Isolations- und Trennungsprozesses eingesetzt wird.
    Sie dienst der Abwehr von eigenen Ohnmachtsgefühlen und damit der Verleugnung eigener Anteile am Verlauf der Beziehungsgestaltung.
    Da die gemeinsame Wahrheit keine objektive Größe (siehe auch den Artikel zur Wahrnahmung), sondern eine gemeinsame Konstruktion ist, die jeder für sich, wie auch ein Paar oder eine Gruppe sich erstellt, erschafft diese Vorstellung doch eine wirksame Wirklichkeit, an der man sich orientiert. …. weil sie für wahr genommen wird … weil wir es – infolge unser Bedeutungsgebung – so wahrnehmen und oft sogar auch für real halten. Das ist unproblematisch, so lange das Bild von der uns umgebenden Realität einigermaßen passt. Dann ist diese Orientierung an der inneren Landkarte sehr hilfreich. Problematisch wird es, wenn die Abweichungen von unseren Erwartungen zu groß werden … insbesondere, wenn wir dann nicht bereit sind nachzujustieren: nach dem Motto: „es kann nicht sein, was nicht sein darf“ … wenn die Orientierung am „Soll“ wichtiger und richtiger erscheint, als das „Ist“.

Zu betonen ist, dass auch Paare, die sich als glücklich beschreiben, ebenfalls Konflikte und Streit haben.
Sie aber sind bereit einzulenken, die Bedingungen und Motiven hinter dem Streitthema zu ergründen,
sie unterstellen gegenseitiges Wohlwollen, sind offen dafür, sich gegenseitig zu verzeihen und das größere Ganze wichtiger zu nehmen, als sich … sie können den Zwist mit Humor würzen und sind in der Lage über eigene Unzulänglichkeiten zu lachen.


Quelle: John M. Gottman: Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe, Ullstein-Verlag, Berlin; TB 5. Auflage 2017